Ruhe, bitte!

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Fotos: Getty Images | Illustration: C3 Visual Lab

Lärm kann nerven, er kann unseren Stresspegel nach oben schrauben und uns sogar krank machen. Ausschalten können wir ihn nicht. Jedenfalls nicht immer. Aber es gibt Wege, ihn im Zaum zu halten oder auszusperren. Tipps für ein leiseres Leben.

Wenn der Presslufthammer nervt: Geräusche über 80 Dezibel werden als sehr laut eingestuft. Der Lärm eines Presslufthammers in unmittelbarer Nähe liegt sogar bei 120 Dezibel – und ist nach kurzer Zeit unerträglich.

Unser Alltag ist laut: Schon ein Geräuschpegel von 60 Dezibel ist laut. Auf diesen Wert kommt ein belebtes Büro oder Unterhaltungen im Restaurant. Ein Staubsauger erreicht etwa 70 Dezibel.

Das Summen einer Fliege: Weniger als 40 Dezibel werden als leise wahrgenommen. Das entspricht der Geräuschkulisse in Bibliotheken. Der Flug einer kleinen Fliege verursacht immer noch zehn Dezibel.

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Am Laubbläser scheiden sich die Geister: Die einen schätzen ihn als effektives Mittel, um auf Wegen und Wiesen für Ordnung zu sorgen, die anderen verfluchen ihn als Ruhstörer, der jede Vorstadtidylle verdirbt und außerdem Kleintiere wie Würmer und Tausendfüßler hinwegfegt. Tatsächlich erzeugen Geräte mit Verbrennungsmotor in einem Umkreis von drei Metern einen Schalldruckpegel von rund 90 Dezibel (dB). Mit Leichtigkeit durchdringt dieser Lärm je nach Entfernung Türen und Fensterscheiben.

Der Laubbläser ist zum Symbol eines lauten Zeitalters geworden. Jeder ist jederzeit von Geräuschen umgeben: zu Hause, in der Bahn, im Auto oder auf dem Rad, im Büro, beim Einkauf, beim Arzt, bei Freunden, allein in der Natur und sogar im Bett. Nun ist nicht jedes Wispern störend, und selbst dröhnende Musik kann ein Genuss sein.

Auswirkungen auf die Gesundheit

Doch laute und dauerhafte Lärmquellen wie Straßen-, Flug-, Nachbarschafts- oder Baulärm können Krankheiten wie Bluthochdruck auslösen oder begünstigen. Selbst wenn jemand den Lärm nicht als solchen wahrnimmt, kann der Körper Stresshormone ausschütten. So legen Forschungen nahe, dass ein anhaltender bewerteter Schalldruckpegel von über 65 dB(A) am Tag das Risiko für Gesundheitsschäden erhöht. Steigt der Lärm über 85 dB(A), wird das Gehör direkt geschädigt, mögliche Folge: Schwerhörigkeit.

Gesetze sollen Menschen Schutz vor allzu viel Krach in ihrer Lebensumgebung bieten. Sie legen zumeist auf Länderebene Ruhezeiten fest, in denen etwa das Abspielen lauter Musik, der Einsatz von motorbetriebenen Gartengeräten und Baumaschinen, aber auch Fest- und Sportlärm untersagt sind. Wer dagegen verstößt, kann mit Bußgeldern belegt werden. Die Mittagsruhe gehört im Übrigen nicht zu den gesetzlich geregelten Ruhezeiten. Zu den modernen Mythen gehört auch, dass es einmal im Jahr erlaubt sei, in der Wohnung eine laute Feier zu veranstalten.

Um Bürger vor zu starker Belastung durch Umgebungslärm zu schützen und negative Folgen für die Gesundheit zu vermeiden, stellt der Staat Geldmittel zur Verfügung, die für bauliche Lärmschutzmaßnahmen wie Lärmschutzwände ausgegeben werden können. Einen Rechtsanspruch auf Lärmschutz an bestehenden Straßen oder Schienen gibt es allerdings nicht. Bei neu angelegten Verkehrswegen orientieren sich die sogenannte Lärmvorsorge und der Lärmschutz an Grenzwerten für Lärmbelastung. Der Staat zahlt dann Zuschüsse für lärmmindernde Maßnahmen. Generell gilt: Wer unter Umgebungslärm leidet, kann sich an das Landesamt für Umwelt in seinem Bundesland wenden. Nach EU-Recht müssen die Behörden die Belastung der Bevölkerung durch eine Messung des Umgebungslärms ermitteln und sogenannte Lärmkarten erstellen, die die Lärmbelastung in einem Gebiet angeben.

Doch Lärm ist nicht gleich Lärm. Sehr hohe und sehr niedrige Frequenzen werden zum Beispiel als leiser wahrgenommen. Auch das Lärmempfinden unterscheidet sich ähnlich wie da Wärmeempfinden von Mensch zu Mensch. Und von Situation zu Situation. Was den einen freut, kann die andere geradewegs zur Weißglut treiben.

So wird Schall gemessen: von Pascal bis Dezibel

Töne und Geräusche versetzen die Luft in Schwingungen (Schallwellen), die das Ohr als Druckunterschied zum atmosphärischen Luftdruck wahrnimmt. Man spricht vom Schalldruck einer Geräuschquelle; je stärker die erzeugten Schwingungen, desto größer der Schalldruck. Der Mensch nimmt Schalldruckunterschiede von 20 Mikropascal (0,00002 Pascal) bis 20 Pascal wahr. Der Schalldruck entspricht nicht dem Lautstärkeeindruck, den ein Geräusch verursacht, da das Gehör Lautstärke nicht linearsteigend wahrnimmt.

Für den Lautstärkeeindruck verwendet man deshalb den Schalldruckpegel. Er gibt an, wie hoch der Schalldruck eines Geräuschs im Verhältnis zum Schalldruck des vom Ohr gerade noch wahrnehmbaren Tons ist. Dieses Verhältnis wird in einer logarithmischen Zahlenskala abgebildet, die Maßeinheit ist Dezibel (dB). Um die Lautstärke eines Geräuschs besser bestimmen zu können, wird der Schalldruckpegel anhand festgelegter Frequenzfilter bewertet. Denn das Gehör empfindet tiefe und hohe Töne bei gleichem Schalldruckpegel leiser als mittlere Frequenzen um etwa 1.000 Hertz. Die bewerteten Schalldruckpegel werden mit dB(A) angegeben. A steht für den verwendeten Frequenzfilter. Ein Anstieg des Schalldruckpegels um 10 dB(A) entspricht dabei in etwa der Verdoppelung der Lautstärke.

Quellen: Bundesumweltministerium, laermorama.ch, Umweltbundesamt

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Aus laut wird leise: So bleibt der Lärm draußen!

Bereich 1: Lärm von außen nach innen reduzieren

Schallschutz mitplanen: Umgebungslärm wie Verkehrs- oder Baugeräusche, Rasenmäherlärm oder laute Musik gelangt über Fenster, Türen und Wände in eine Wohnung. Bei Neubauten sollte daher der Schallschutz an den Umgebungslärm angepasst werden, zum Beispiel durch den Einbau von schalldämmenden Fenstern. Je nachdem, wie gut sie Lärm abhalten, werden sie vom Verein Deutscher Ingenieure (VDI) in sechs Schallschutzklassen eingeteilt. Zur Orientierung: Die Schallschutzklasse 3 kann Lärm von 35 bis 39 Dezibel dämmen. Neben Fenstern sind es vor allem schwere Wandbauteile, die den Schall effektiv abhalten.

Diese Maßnahmen wirken gegen Lärm von draußen

  • Schallschutzfenster können den Lärm je nach Schallschutzklasse um mehr als 50 Dezibel reduzieren. Der subjektiv wahrgenommene Lärm wird hier um 97 Prozent verringert.
  • Acrylglasscheiben, die zusätzlich angebracht werden, helfen ebenfalls, den Lärm zu reduzieren. Sie sollten vier bis acht Millimeter dick sein, der Abstand zur Fensterscheibe sollte mindestens zehn Zentimeter betragen. Die Montage kann mittels Schrauben erfolgen.
  • Schallschutzvorhänge absorbieren Schall vor Fenstern und Türen und sind ein probates Mittel vor allem für das Schlafzimmer, um nachts den Lärm draußen zu halten. Gut zu wissen: Je mehr Masse das Material hat, umso schalldichter ist es. Dann halten Vorhänge laut der Experten-Website machleiser.de sogar mittlere Lärmintensitäten wie Straßenlärm ab.
  • Außenwände können nachträglich durch vorgehängte Holz- oder Ziegelfassaden gegen Schall geschützt werden. Gute schalldämmende Wände halten laut Umweltbundesamt bis zu 55 Dezibel Lärm ab. Auch Schallschutzwände auf dem Grundstück können den Straßenlärm eindämmen.

Bereich 2: Lärm von innen nach außen reduzieren

Eigenen Lärm mildern: Es sind beileibe nicht immer die anderen: Auch wir selbst verursachen Geräusche, die unsere Umgebung stören können, auch aus unserer Wohnung kann Lärm zu den Nachbarn dringen. In einem freistehenden Einfamilienhaus ist das vielleicht kein Problem, aber in einem Reihenhaus zum Beispiel oder einer Eigentumswohnung kann das zu Konflikten führen. Bei Neubauten richtet sich der Schallschutz nach der DIN 4109-1.„Schallschutz im Hochbau“. Wer sich und seine Nachbarn besser gegen Lärm schützen will, orientiert sich an der strengeren DIN 4109-5, die höhere Anforderungen an Trittschall- und Luftschalldämmung vorsieht.

Diese Maßnahmen verringern den Lärm, der aus meiner Wohnung dringt

  • Bodenbeläge wie Parkett, Laminat und Vinyl übertragen den Trittschall über den Estrich in die darunterliegende Wohnung – je härter der Belag, desto lauter der Schallpegel. Für Dämmung sorgen Materialien wie Schwer- oder Leichtschäume, Kork und Holzfasern, die zwischen Estrich und Belag eingebaut werden.
  • Wohnungswände können im Nachhinein durch Schaumstoffplatten schallgedämmt werden. Das vermindert den Geräuschpegel, der aus einem Raum nach außen dringt. Eine Konstruktion aus Rigipswand und Schaumstoffplatten ist wirksamer, verbraucht aber mehr Platz. Zu beachten: Die Wand muss „schwimmend” errichtet werden.
  • Innenwände erhalten einen einfachen Lärmschutz durch schallschluckende Bilder. Durch ihre poröse Struktur vermindern sie den Nachhall.
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Bereich 3: Lärm von innen nach innen reduzieren

Zu Hause leiser leben: Ein Ort der Ruhe und der Erholung vom stressigen Alltag – so wünschen wir uns die eigene Wohnung. Doch dafür reicht es nicht, den Lärm von draußen auszusperren. In der Wohnung selbst gibt es viele Geräuschquellen, die man ausschalten oder deren Lautstärke man zumindest verringern kann. Das beginnt bei den Haushaltsgeräten, die sich in unterschiedliche Luftschallemissionsklassen einordnen lassen. Die Wirkung sollte man nicht unterschätzen: Der Unterschied zum Beispiel zwischen einer normal lauten und einer sehr leisen Waschmaschine kann bis zu sieben Dezibel betragen. Was jeder sicherlich schon mal erlebt hat: „Volle” Räume sind leiser als „leere”. Gegenstände absorbieren Schallwellen, der gegen- teilige Effekt ist der Nachhall in spartanisch eingerichteten Zimmern.

Diese Maßnahmen sorgen für Ruhe in der Wohnung

  • Möbel sind Schallschluckspezialisten. So kann zum Beispiel ein großes, kuscheliges Sofa in zweifacher Hinsicht für Ruhe sorgen. Und ein massiver Schrank nimmt nicht nur Gegenstände auf, sondern absorbiert auch Geräusche.
  • Raumteiler eignen sich in großen Räumen wie den immer beliebteren Wohn-Ess-Zimmern mit offener Küche als effektive Schallschlucker. Infrage kommen hier besonders Regale, die den offenen Charakter eines Raums nicht zu sehr beschneiden.
  • Teppiche sind gute Schallabsorber in großen Räumen, vor allem wenn sie aus hohen Florfasern bestehen. Vorhänge an und vor Fenstern wirken wie ganz generell alle Textilien ebenfalls schallschluckend.
  • Filzgleiter unter beweglichen Möbeln setzen direkt an der Geräuschquelle an und vermindern den Innenlärm erheblich.
  • Wanddekor wie Bilder und Wandteppiche nehmen ebenfalls Raumschall auf und sorgen für eine ruhige Atmosphäre.

Lautlosigkeit
Absolute Stille – sie ist im normalen Leben nicht möglich. Technisch lassen sich aber Räume einrichten, die tatsächlich nahezu alle Geräusche absorbieren. In einem Versuchslabor in der amerikanischen Stadt Minneapolis liegt der Geräuschpegel zum Beispiel bei – 9 Dezibel, also unterhalb der menschlichen Hörschwelle. Die meisten Menschen halten es in einem solchen Raum nicht länger als 15 Minuten aus.

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