So hat Schimmel keine Chance

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Das ist keine moderne Kunst, sondern der schwarze Schimmelpilz Aspergillus niger in Großaufnahme. Was hier spektakulär aussieht, macht im eigenen Haus viel Arbeit. Foto: Alamy

Schimmel ist nicht nur ärgerlich und kann gesundheitsschädlich sein, er weist auch auf Probleme hin – an der Bau­­substanz  oder am eigenen Verhalten. Wir sprachen  mit Jürgen Jörges, Buch­autor und Sachverständiger für Schimmelbefall, über richtiges Lüften und Heizen.

Herr Jörges, was ist Schimmel überhaupt genau und wie gelangt er in mein Haus?

Schimmel ist ein Pilz und seine verschiedenen Arten sind so etwas wie die Müllpolizei. Überall dort, wo etwas verrottet, zum Beispiel totes Holz im Wald oder der Kaffee­satz in meinem Mülleimer, geschieht das mithilfe von Schimmel. Die Pilzsporen sind also immer in der Luft vorhanden, was auch gar nicht schlimm ist. Man muss nur darauf achten, dass sie es sich im Haus nicht zu gemütlich machen. Denn wenn Raumtemperatur, Luftfeuchtigkeit und Oberflächentemperatur in einem bestimmten Verhältnis zueinander stehen, kommt ein Schimmelbefall dabei raus.

Wie gesundheitsschädigend sind Schimmelpilze? Sollte ich umgehend reagieren, wenn ich verdächtige Stellen entdecke?

Bei größeren Flächen, damit meine ich einen Befall von einem halben Quadratmeter und mehr, sollten Sie besser nicht die Monate verstreichen lassen. Der Befall wird garantiert schlimmer und wenn er sich erst einmal in den Untergrund hineinfrisst, kann das Entfernen aufwendig und teuer werden. Inwieweit Schimmelpilze gesundheitsgefährdend sind, hängt im gewissen Maße vom jeweiligen Zustand des Immunsystems der Bewohner ab. Schimmel kann toxisch wirken und Allergene hervorrufen, muss er aber nicht. Was hingegen ganz klar ist: Bei einer kleinen schimmeligen Fläche muss niemand sofort Angst um seine Gesundheit haben.

Wie kann ich denn verhindern, dass sich Schimmel breitmacht?

Es kommt auf die richtige ­Kombination von Lüften und Heizen an. Häufig lese ich in Ratgebern, dass 50 bis 60 Prozent Luftfeuchtigkeit ideal sei, um einen Befall zu vermeiden. Dabei wird jedoch außer Acht gelassen, dass die Luftfeuchtigkeit in Relation zur Raumtemperatur steht. Je wärmer die Luft ist, desto mehr Feuchtigkeit speichert sie nämlich. Deswegen enthält die Luft in einem Raum mit 25 Grad Celsius und 50 Prozent Luftfeuchtigkeit wesentlich mehr Wasser als in einem Raum mit 15 Grad und ebenfalls 50 Prozent Luftfeuchtigkeit.

Jürgen Jörges, Buch­autor und Sachverständiger für Schimmelbefall. Foto: Katrin Binner

Aber an welchen Werten kann ich mich dann orientieren?

Bei 20 Grad sollte die Luftfeuchtigkeit 50 Prozent betragen. Wer es gerne wärmer mag, muss bei der Feuchtigkeit dementsprechend darunterliegen. Doch kälter sollte es – zumindest dauerhaft – nicht sein. Hier kommt nämlich die Oberflächentemperatur ins Spiel. Wenn beispielsweise die Wand zu stark auskühlt, bildet sich durch den Temperaturunterschied zwischen Wand und Luft Kondenswasser: ein Nährboden für Schimmel.

Welche Räume oder Stellen im Haus sind besonders empfindlich für einen Befall mit Schimmel?

Das sind auf alle Fälle die Zimmer, in de-nen generell weniger geheizt wird, also zum Beispiel das Schlafzimmer. Das sind zudem jene Teile des Hauses, die besonders von Kälte betroffen sind, weil es dort Außenwände gibt. Aber auch die Stellen, an die die Heizungsluft nicht so gut hinkommt, müssen im Auge behalten werden. Also unter anderem dort, wo Schränke und andere Möbelstücke sehr nah an der Wand stehen.

Darüber hinaus gibt es weitere Hotspots der Schimmel­entstehung, von denen viele überhaupt noch nie etwas gehört haben: Vom Mülleimer ausgehend können nämlich viele Sporen in die Luft gelangen, die sich dann irgendwo im Haus niederlassen. Eine ähnlich ergiebige Quelle für Pilzsporen sind Kleintierkäfige. Hier hilft es, den Hausmüll regelmäßig runterzubringen und die Käfige häufig, und nicht nur alle vier bis sechs Wochen, zu reinigen.

Die Luftfeuchtigkeit lässt sich aber nicht nur übers Heizen regulieren. Das Lüften spielt doch ebenfalls eine wichtige Rolle.

Tatsächlich war Lüften noch nie so wichtig wie heutzutage. Noch vor wenigen Jahrzehnten haben die Leute einmal die Woche ein Bad in der Wanne genommen, den Rest der Woche haben sie sich mit einem Waschlappen gewaschen. Heutzutage duschen viele ein- bis zweimal am Tag! Es kommt also ein Vielfaches an feuchter Luft ins Haus. Doch das Lüftungsverhalten hat sich nicht verändert, mitunter wird sogar weniger gelüftet als früher. In unserer schnelllebigen Zeit stürmen die meisten morgens, so schnell wie es geht, aus dem Haus. Fürs Lüften wird sich da häufig keine Zeit genommen.

1) Wie häufig? Auf alle Fälle morgens, nach der Rückkehr von der Arbeit und vorm Schlafengehen. Wer viel zu Hause ist, sollte auch immer wieder zwischendurch lüften. Das stündlich zu machen, ist nicht übertrieben!
2) Wie lang? Wer gründlich lüften will, sollte zehn Minuten einplanen. Querlüften oder Faktoren wie starker Wind und niedrige Außentemperaturen begünstigen einen noch schnelleren Luftaustausch.
3) Quer- oder Stoßlüften? Beim Querlüften sind die gegenüberliegenden Fenster und Türen geöffnet, sodass die Luft durch die Räume ziehen kann. Beim Stoßlüften hingegen stehen Fenster einzeln offen. Es gibt somit keinen Durchzug und der Luftaustausch findet nur langsam statt.
Illustration: C3 Visual Lab

Man hört immer wieder, es sei ideal, dreimal am Tag für zehn Minuten zu lüften. Teilen Sie diese Meinung?

Bei Menschen, die nicht viel zu Hause sind, kann das ausreichen. Aufgrund der Corona-Krise arbeiten aber gerade viele im Homeoffice. Daher ist es besser, viel öfter zu lüften – und wenn es nur zwischendurch für kurze Zeit ist. Durchs Ausatmen wird die Luft nämlich permanent feuchter. Also ruhig das Fenster aufmachen, wenn man den Schreibtisch verlässt, um sich einen Kaffee zu holen oder auf die Toilette zu gehen. Selbst wenn es nur für zwei Minuten ist, hilft das schon, die Luftfeuchtigkeit zu senken. Das gilt natürlich nicht nur für Leute im Homeoffice, sondern für alle, die längere Zeit in den eigenen vier Wänden verbringen.

Und was mache ich, wenn ich doch bei mir zu Hause Schimmelflecken entdecke?

Als Erstes sollten Sie dem Grund nachgehen, warum der Schimmel überhaupt wachsen konnte. Gibt es einen Wassereintritt im Mauerwerk? Einen Rohrleitungs­schaden? Eine Wärmebrücke? In all diesen Fällen nehmen Sie bitte unbedingt die Hilfe eines Profis in Anspruch. Sind Sie sich hingegen sicher, dass Sie einfach nicht gut genug gelüftet und geheizt haben, können Sie – zumindest kleinere – Schimmelflächen auch selbst beseitigen. Klar ist: Wenn der Schimmel an derselben Stelle und trotz eines veränderten Heiz- und Lüftungsverhaltens wiederkommt, stimmt dort etwas nicht.

Reicht es aus, Schimmel wegzuwischen oder wegzusprühen?

Nein, poröse Oberflächen müssen abgetragen werden. Massivholz sollte etwa um
0,5 bis einen Millimeter abgehobelt werden. Spanplatten und andere Holzwerkstoffe sowie Gipskartonplatten hingegen müssen ausgetauscht werden. Sind größere Flächen auf Tapeten betroffen, diese unbedingt von der Wand holen.

An welche Profis kann ich mich wenden?

Das hängt von der Ursache des Befalls ab. Wenn es sich ganz klar um Feuchtigkeit in der Mauer handelt, benötige ich eine Firma aus dem Bereich Trockenlegung. Wenn es um Wärmebrücken geht, kann mir auch ein Malermeister helfen. Wenn ich jedoch gar keinen Anhaltspunkt habe, warum es den Befall überhaupt gibt, dann ist ein Sachverständiger für Schimmelbefall die richtige Anlaufstelle.